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Wie es mit den Wanderwegen vorwärtsgeht

Wanderwege sind in der Schweiz beliebt und selbstverständlich. Um das Netz in Schuss zu halten, zu erneuern und zu erweitern, ist jedoch ein hoher Aufwand nötig. Auch die BLS hilft mit: mit einem neuen Wanderweg an der Lötschberg-Nordrampe und einer Vision Richtung Süden.

«Bei uns kümmern sich während des Sommers zwei Wegmeister zu 100 Prozent um die Wanderwege», sagt Priska Inniger, Bauverwalterin der Gemeinde Kandersteg. Vor allem im Frühling gebe es alle Hände voll zu tun. Kaum ist der Schnee geschmolzen, tauchen schon die ersten Wandervögel auf. Die haben den Anspruch auf Wege in gutem Zustand. Dann gilt es, innert kurzer Zeit die Schäden zu beheben, die durch Hangrutsche, Lawinen, umgestürzte Bäume oder Hochwasser entstanden sind.

Im Kanton Bern sind laut Gesetz die Gemeinden für den Unterhalt der Wanderwege zuständig. Je nach Länge des Netzes und der Topografie ist das mit einem ansehnlichen Aufwand verbunden. Kandersteg gibt für den Unterhalt der Wanderwege jährlich rund 200'000 Franken aus, daran beteiligt sich Kandersteg Tourismus mit 40'000 Franken. Der Kurort am Fuss der Blüemlisalp ist froh um die Unterstützung der Zivilschutz-Angehörigen sowie der rund 25 freiwilligen Helferinnen und Helfer: Jahr für Jahr begehen diese im Frühling den ihnen zugeteilten Abschnitt. Sie tätigen dabei kleinere Unterhaltsarbeiten und melden grössere Schäden, um die sich dann die Gemeinde kümmert.

Lötschberger-Nordrampe entsteht 

Kandersteg zählt zu den Gemeinden mit einem besonders langen Wanderwegnetz, das auch besonders schön und entsprechend viel begangen ist. Ausser dem Gasterntal liegen die Strecken zum Oeschinensee, zum Hohtürli und über die Gemmi ganz oder teilweise auf dem Gebiet der ausgedehnten Berggemeinde. Insgesamt kümmert sich Kandersteg um fast 150 Kilometer Wanderwege, davon sind 88 Kilometer steile Bergwege, die im Unterhalt anspruchsvoll sind. Aber der Aufwand lohne sich, ist Priska Inniger überzeugt. Die Wanderer seien sehr wichtig für den Eisenbahnerort am Eingang zum Lötschberg-Scheiteltunnel: «Dank ihnen sind wir auch ein Sommerkurort.»

Voraussichtlich ab dem nächsten Frühjahr wird ein aufgewerteter Weg das Netz im oberen Kandertal bereichern. Gemeinsam mit den drei Gemeinden Kandersteg, Kandergrund und Frutigen legt die BLS den Lötschberger-Bahnwanderweg vom Portal des Lötschberg-Scheiteltunnels bis zum Bahnhof Frutigen teils neu an und erweitert damit den 1993 eröffneten Eisenbahn-Erlebnispfad. Von Kandersteg bis Kandergrund folgt er nun der linken Talseite. Laut Martin Gäggeler, Leiter Produktmanagement und Marketing- Kommunikation bei der BLS, soll die neue Route die eindrückliche, über hundert Jahre alte Bahninfrastruktur sowie die landschaftlichen Schönheiten noch besser erlebbar machen: «Der Weg ist nicht allein für Bahnliebhaber attraktiv, sondern für das breite Publikum.» Informationsstelen, Sitzbänke und Grillplätze sorgen dafür, dass Körper und Geist auf die Rechnung kommen. Vorbild ist die im Jahr 2013 aufgewertete, sehr erfolgreiche Lötschberger- Südrampe im Wallis.

Von Bern via Brig bis nach Stresa 

Noch etwas ehrgeiziger ist das neuste Wanderwegprojekt der BLS, das vorläufig noch eine Art Zukunftsvision ist: Ein durchgehender Wanderweg soll Bern via Brig mit Domodossola verbinden und danach bis Stresa sowie durch das Centovalli nach Locarno führen. Dazu soll der bestehende Stockalperweg (er führt über den Simplonpass) über Gondo hinaus nach Italien fortgesetzt werden. Anders als am Lötschberg besitzt die BLS hier kein eigenes Land und keinen Forstdienst, der sich um den Unterhalt kümmern kann. Die Umsetzung ist deshalb eine anspruchsvolle Aufgabe, die sich nicht von heute auf morgen erledigen lässt: «Aber wir sind überzeugt von der Idee und wollen sie mit unseren Partnern in der Schweiz und im Piemont verwirklichen», sagt Martin Gäggeler.

Die BLS hat ein eigenes Interesse an attraktiven Wanderwegen entlang ihres Netzes. Sie möchte damit Kundinnen und Kunden gewinnen, die für ihre Ausflüge häufig den öffentlichen Verkehr benutzen. Laut Gäggeler sind viele Wanderer sehr «bahnaffin»: Sie steigen gerne an einem Ort aus dem Zug und nach dem Marsch an einem anderen Haltepunkt wieder ein. Ausserdem haben sie nur vergleichsweise wenig Gepäck dabei, das sich gut in die öffentlichen Verkehrsmittel mitnehmen lässt: Die Bahn und das Wandern sind sozusagen seelenverwandt. Von dieser Liaison profitieren weitere touristische Anbieter, denen der öffentliche Verkehr und die Wanderlust Gäste zuführen.

Auch der Zivilschutz hilft

Kurt von Allmen, Technischer Leiter der Stockhornbahn, bestätigt diesen Zusammenhang. Gut gepflegte Wanderwege seien 16 das Aushängeschild der Bergbahn, sagt er. Die Stockhornbahn ist deshalb bereit, einen ansehnlichen eigenen Beitrag zu leisten, um das Netz in ihrem Einzugsgebiet in tadellosem Zustand zu halten. «Die Wege sind unser Kapital.» Am Stockhorn steht jedes Jahr während einer Woche eine Gruppe von Zivilschützern mit Pickeln und Schaufeln im Einsatz, um einen bestimmten Abschnitt gründlich zu sanieren. Dabei setzen die Hilfskräfte im diesjährigen Einsatz neue Holzschwellen ein, die das Wasser und den Kies ableiten: «Man muss immer dranbleiben, sonst gerät man rasch einmal in Rückstand», sagt von Allmen. Die Wanderwege auf der Südseite des Stockhorns erschliessen landschaftliche Schönheiten, die auf die Gäste wie Magnete wirken: die beiden idyllischen Bergseen und den markanten Berggipfel, zu dem von der Mittelstation aus gleich drei aussichtsreiche Routen hinaufführen.

Eine wichtige Rolle im Wanderwegwesen spielen natürlich die Berner Wanderwege. Der vor 80 Jahren gegründete Verein hat sich laut dem Technischen Leiter Hans Ulrich von Gunten nach 1987 professionalisiert, als das Wanderweggesetz des Bundes in Kraft trat. Er ist insbesondere für die Signalisierung zuständig, aber auch federführend bei der Planung des Netzes. Momentan überprüfen die Berner Wanderwege ihr 10'000 Kilometer langes Netz grundsätzlich, wobei sie unattraktive Stellen beseitigen wollen (vgl. Interview).

Erfreuliches Projekt im Emmental 

Eher selten, aber umso erfreulicher ist es, wenn es gelingt, bestehende Routen zu ergänzen. Jüngstes Beispiel ist der neue, drei Kilometer lange Abschnitt, der in den kommenden Monaten im Emmental zwischen Trub und Fankhaus angelegt wird, wo einer der Aufstiege auf den Napf beginnt. Die Initiative ging vom Verkehrsverein Trub aus, der mit den Berner Wanderwegen Kontakt aufnahm. «Wir erachteten das Projekt als sehr sinnvoll», sagt Hans Ulrich von Gunten. Bisher mussten die Wanderer diesen Abschnitt auf der Strasse zurücklegen. Ausserdem ist es eines der wenigen flachen Stücke in einem Gebiet, in dem sonst steile Wege vorherrschen.

Inzwischen hat der Regierungsstatthalter die Baubewilligung erteilt. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter der Berner Wanderwege hat die Detailpläne für den Weg erstellt, der dem Fankhausbach folgt und über vier Brücken und Stege führen wird. Auch beim Bau packen viele Freiwillige kräftig mit an. So betragen die Kosten nur rund 100'000 Franken: «Ohne diese Unterstützung müssten wir mit der dreifachen Summe rechnen», schätzt von Gunten. Die Eröffnung des Truber Talwegs soll im Herbst 2018 erfolgen. Schritt für Schritt geht es vorwärts mit den Berner Wanderwegen.

Bis in die Bundesverfassung

Die Schweiz nimmt es mit den Wanderwegen besonders genau. Sie besitzt ein einheitlich signalisiertes Netz von 65 000 Kilometern. Als wohl einziges Land der Welt erwähnt sie die Wanderwege sogar in der Verfassung. Das geht auf eine 1974 eingereichte Volksinitiative zurück. Den Anstoss dazu gab der damalige Zürcher Stadtpräsident und Nationalrat Sigmund Widmer. Auf einem Fussmarsch von Zürich nach Bern hatte er mit Bedauern festgestellt, dass die zunehmende Asphaltierung der Strecken das Gehen zu einer «monotonen» Tätigkeit mache.

Das Schweizer Volk hiess 1979 schliesslich mit grosser Mehrheit einen Gegenvorschlag des Parlaments gut. Das Ausführungsgesetz trat vor 30 Jahren in Kraft. Ein zentraler Punkt der Vorschriften ist die «Ersatzpflicht»: Wanderwege müssen demnach ersetzt werden, wenn sie nicht mehr frei begehbar sind, wenn auf einer längeren Strecke starker Verkehr herrscht oder wenn sie mit ungeeigneten Belägen versehen sind.

Interview mit Ulrich von Gunten Technischer Leiter Berner Wanderwege

Nicht ohne Ehrenamtliche.

Ohne den Einsatz Freiwilliger wäre der Unterhalt der Wanderwege kaum finanzierbar, ist Hans Ulrich von Gunten, Technischer Leiter bei den Berner Wanderwegen, überzeugt.

Die Berner Wanderwege überprüfen ihr Wegnetz grundsätzlich. Mit welchem Ziel?

Wir wollen die Qualität steigern. Seit 40, 50 Jahren wurde an den Wanderwegen nichts Grundsätzliches geändert. Aber viele Wege wurden inzwischen asphaltiert. Sie sind nicht mehr attraktiv. Deshalb überprüfen wir den Sachplan, der das Netz festlegt. Wir wollen ungeeignete Abschnitte verlegen oder aufheben, wenn es keine Alternative gibt.

Können Sie ein Beispiel geben?

Es ist uns gelungen, den Wanderweg vom Kemmeribodenbad zum Hinderen Hübeli auf zwei Passagen von der Strasse weg zu verlegen. Dadurch ist er viel attraktiver geworden.

Wie gross ist der Aufwand für den Bau neuer Wege?

Ziemlich gross. Bei der Verlegung eines Wegs braucht es immer die Zustimmung der Grundeigentümer, sonst scheitert das Projekt. Sie müssen in die nötigen Dienstbarkeiten einwilligen und damit den Wanderern das «Wegrecht» erteilen. Beim Bau neuer Wege müssen auch die kantonalen Fachstellen, insbesondere der Naturschutz, Wildschutz und Gewässerschutz, ihr Einverständnis geben.

Wie wichtig ist der Beitrag der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer?

Sie sind enorm wichtig für uns. Oft handelt es sich dabei um Pensionierte. Sie sind für uns pro Jahr allein für die Signalisation während rund 12 000 Stunden unterwegs. Wenn wir dazu bezahlte Personen anstellen müssten, wäre der Unterhalt kaum finanzierbar. Die Sanierungsequipen mit einem Bestand von 25 Leuten unterstützen uns bei Erneuerungsarbeiten und beim Bau von neuen Wegen. Auch unsere 85 Bezirksleiter sind ehrenamtlich tätig.

 

 

Text/Interview: Peter Krebs
Bilder: Manu Friederich / zVg / BLS

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