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Bald brausen die Züge durch den Tunnel

Gute Nachrichten für BLS-Reisende: Bald fahren die ersten Züge durch den Rosshäuserntunnel. Seit Anfang Juli wird die Bahntechnik eingebaut, die Inbetriebnahme ist für Anfang September 2018 geplant.

Auf der Baustelle ist einiges los: Der Tunnel wird für die Züge bereit gemacht. Pro Meter Fahrbahn braucht es dazu rund sechs Tonnen Schotter, vier Meter Schienen und drei Schwellen. Für die ganze Länge des Tunnels sind so rund 15 000 Tonnen Material nötig. Dies entspricht einer knapp vier Kilometer langen Zugskomposition von 300 vollbeladenen Güterwagen. «Wir setzen alles daran, dass möglichst viel davon auf der Schiene zum Tunnel transportiert wird», sagt BLS-Gesamtprojektleiter Markus Sägesser.

Pünktlichere Züge

In Rosshäusern befindet sich derzeit die mit Abstand grösste Baustelle der BLS. Das hat seinen guten Grund: Die 43 Kilometer lange Eisenbahnstrecke zwischen Bern und Neuenburg ist über zwei Drittel nur eingleisig befahrbar. Ein Nadelöhr bildet insbesondere der 3,7 Kilometer lange Abschnitt zwischen dem Bahnhof Rosshäusern und dem Saaneviadukt. Dieser Streckenteil wird nun auf zwei Spuren ausgebaut. Die BLS wird damit über eine höhere betriebliche Flexibilität verfügen: Mit einer längeren Doppelspur müssen sich kreuzende Züge nicht mehr gegenseitig abwarten. Verspätungen wirken sich so weniger schnell auf weitere Züge aus. Das sind gute Nachrichten für Reisende, denn es bedeutet pünktlichere Züge auf der Strecke Bern–Neuchâtel. Kernstück dieser Modernisierung bildet der neue, 2,1 Kilometer lange Rosshäuserntunnel. Er ersetzt den bestehenden kurvenreichen Abschnitt mitsamt dem 110-jährigen, sanierungsbedürftigen Einspurtunnel. Die neue, gerade Linienführung verkürzt die Strecke um 300 Meter und erlaubt es den Zügen, künftig mit 160 statt mit 90 Stundenkilometern zu verkehren. Damit verringert sich auch die Fahrzeit.

Heikle Felsformation

Mit den Tunnelarbeiten begann die BLS im Frühling 2013. Der Ausbruch im mehrheitlich aus Sandstein und Mergel bestehenden Fels stellte eine grosse Herausforderung dar, denn das Material wird beim Kontakt mit Luft und Wasser rasch instabil. Deshalb stellte die BLS im Januar 2014 von der Vortriebsmethode auf den Kalottenvortrieb um, bei dem in einem ersten Schritt nur die obere Tunnelhälfte, die Kalotte, ausgebrochen wird.

So erfolgte der Durchstoss mit einer 18-monatigen Verzögerung im Juni 2015. In den folgenden zwei Jahren wurde der Rohbau fertiggestellt. Weil die BLS nach den neusten Sicherheitsstandards baut, gehört zum Tunnel unter anderem ein 50 Meter hoher Notausstieg mit Treppe und Lift, was in etwa der Höhe eines 18-stöckigen Gebäudes entspricht. Er befindet sich in der Mitte des Tunnels und tritt in der Nähe von Rosshäusern Dorf als Rundbau mit Glasbaufassade an die Oberfläche.

Seit Anfang Juli 2017 wird der Tunnel bahntechnisch ausgerüstet. Schotter, Schwellen und Schienen werden verlegt, Bahnstromanlage und Kabel- und Sicherungsanlagen eingebaut. Für die Fahrleitungen werden an der Tunneldecke Aufhängevorrichtungen, sogenannte Tragwerke, montiert. In einem Tunnel ist dies die praktikabelste Lösung, da Fahrleitungsmasten keinen Platz haben. Um die schweren Stahlseile am Tunnelgewölbe zu befestigen, brauchen die Arbeiter einiges an Muskelkraft, denn sie müssen über Kopf bohren, dübeln und montieren.

Die Fahrbahn wird mit einer mindestens 30 Zentimeter hohen, durchgehenden Schotterschicht belegt, damit «allfällige Bewegungen des nicht unproblematischen Untergrunds ausgeglichen werden können», wie Projektleiter Sägesser ausführt. «Mit einer Betonschicht, also einer festen Fahrbahn, wäre das nicht möglich.» Deren Neigung ist aufgrund der kürzeren Strecke im neuen Tunnel zudem mit zwei Prozent steiler als im alten.

Heimat für Fledermäuse

Die ersten Züge brausen Anfang September 2018 durch den Tunnel, die Inbetriebnahme ist für das Wochenende vom 2. und 3. September geplant. Die Rückbauarbeiten auf der alten Strecke und Rekultivierungen werden danach noch zwei weitere Jahre in Anspruch nehmen. Der alte Tunnel soll als Zeitzeuge erhalten bleiben und weiterhin als Entwässerungsstollen für das Einzugsgebiet des Flüelebachs dienen – und Fledermäusen neuen Lebensraum bieten. Der heute kanalisierte und grösstenteils vom Trassee überdeckte Flüelebach wird wieder seinem natürlichen Lauf folgen. Diese Renaturierung ist für die Lebensräume von Reh, Fuchs, Dachs, Feldhase, Hirsch und Biber ein Gewinn. Das Gebiet wird so auch zum attraktiven Naherholungsgebiet.

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf rund 265 Millionen Franken. Darin eingeschlossen ist die umfassende Modernisierung des Bahnhofs Rosshäusern, die bereits 2013 abgeschlossen wurde. Finanziert wird das Projekt durch den Bund und die Kantone Bern, Freiburg und Neuenburg.

 

Text: Peter Bader
Bilder: BLS

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